Aprilwetter?

Autor
Christoph Molz
Datum
09.04.2011

Die Wettervorhersage hat ausnahmsweise nicht gelogen: beim ersten Breisgau- Brevet im P-B-P-Jahr herrscht ein Traumwetter mit wolkenlosem Himmel, und es ist warm. Nix mit Aprilwetter!

Ich habe mich entschlossen, Paris-Brest-Paris in 2011 mitzufahren, wenn ich darf: ich konnte im letzten Jahr aus Zeitgründen nur den 400er mitmachen. Eine neue Herausforderung: ich mache seit 24 Jahren Triathlon; aber auch diese sehr abwechslungsreiche Sportart braucht irgendwann mal neue Impulse; und Radfahren war schon immer meine beste Disziplin. BRM200 2011Ich habe einige Ultratriathlons hinter mir und hatte schon vor einigen Jahren mit Langstreckenradfahrten geliebäugelt: Kein Wettkampfstress, keine Zeitnahme, nur ein Ziel: in einer bestimmten Zeit ankommen. Die erste Veranstaltung dieser Art hatte ich 1999 mitgemacht: den Trans-Suiss-Triathlon, ein Triathlon quer durch die Schweiz, ohne Zeitnahme und ebenfalls nur mit einer Finisherliste.

Als 2010 zum ersten Mal eine Serie in Freiburg angeboten wurde, war ich beim 400er dabei. Wie befürchtet, war ich danach infiziert!

Zurück zum Brevet: Nach der Ausgabe der Karten mache ich noch einige Bilder. An die hundert Fahrer sind beschäftigt mit letzten Vorbereitungen. Die ersten Fahrer steigen schon vor 8 Uhr aufs Rad und verschwinden um die Ecke. Um 8 Uhr setzt sich der Tross in Bewegung.

Über dem Dreisamtal liegen einige Dunstschleier; wir fahren direkt in den Sonnenaufgang: eine nur schwer zu beschreibende Stimmung!. Ich kenne die meisten Streckenabschnitte, so auch die erste Rampe im Ibental, die ich sicher 10-20 mal im Jahr zu Trainingszwecken hochfahre. BRM200 2011Das ist wahrscheinlich die steilste Rampe der Tour, verkünde ich meinen Mitfahrern. Ich sollte mich täuschen...Wir sind zu dritt: Pit und Christina von der Triathlonabteilung des SV Kirchzarten begleiten mich. Zwei weitere Abteilungsmitglieder sind weiter vorne mit dabei: Jochen und Frank.

Über St. Peter und St. Märgen (in der Ferne wird der noch teilweise schneebedeckte Feldberg sichtbar) geht’s ins Hexenloch, die Abfahrt führt hinab in eine riesige Kühltruhe. Die einsame schmale Straße nach der Abzweigung führt an der wilden Gutach entlang bergab nach Simonswald und bietet faszinierende Ausblicke. Einsame Höfe ohne erkennbare Zufahrt, am Himmel kreisende Bussarde, Vogelgezwitscher, neben uns die wilde Gutach, Sonnenschein, blühende Bäume: die Natur erwacht aus dem Winterschlaf. Ein Poltern und nachfolgendes wohlbekanntes Zischen reisst mich aus den Träumen: Christina hat einen Platten! Es wird nicht die einzige Panne sein auf dieser Tour. Der Schlauch ist schnell ausgetauscht, und ich merke, daß meine Radpumpe nBRM200 2011icht mehr richtig funktioniert; ich werde sie austauschen müssen. Pits Pumpe hilft aus: eine Minipumpe, die gefühlte 10000 Pumpstöße benötigt, um den Reifen aufzupumpen! Das kann auch Triathleten an die Leistungsgrenze bringen....In Simonswald gibt’s vor einer Ampel einen Stau mit einem gigantischen Kran: ein Mammutbaum wird gefällt. Danach folgt die erste Kontrollstelle, wo wir Weste und Armlinge abstreifen: es wird warm. Weiter geht’s Richtung Siegelau; diesen Abschnitt kenne ich nicht. Vor uns baut sich plötzlich eine steile Rampe auf; die wir uns hochquälen. Der Ibentalanstieg war halt doch nicht das steilste Stück....Gottseidank haben wir alle Kompaktkurbeln, das macht die Steigung erträglich. BRM200 2011Über Freiamt geht’s weiter nach Wyhl, einem geschichtsträchtigen Ort, der zur Zeit wieder aktuell wird: dort wurde zum ersten Mal der Bau eines Kernkraftwerks durch Bürgerproteste verhindert! Studenten (aus Prinzip), Bürger (aus Angst vor der nicht beherrschbaren Technik) und Bauern (die Angst um den guten Ruf des badischen Weins haben) protestierten gemeinsam! Und mit Erfolg!

Jetzt bemerke ich erfreut, das Nordwind vorherrscht. Er wird uns bis nach Schliengen tragen. Zuerst geht’s aber in den Kaiserstuhl. Bei der Abfahrt nach Ihringen das nächste Problem: durch die Schlaglöcher dreht sich der Lenker von Christina nach unten! Beim Festziehen der Schrauben überholt uns eine andere Gruppe, an die wir uns dranhängen. Mit Rückenwind und

35-40km/h düsen wir durch das Rheintal bis nach Schliengen. Der Asphalt saust unter uns vorbei, ein erhebendes Gefühl „Das nennt man wohl „Radlers High““, bemerkt Christina später....Dann hört der Spaß auf, denn es beginnt der Anstieg nach Kandern, wo wir uns nochmal verpflegen. Ich sehe eine Linzerschnitte hinter dem Glas der Bäckereitheke und kaufe sie spontan. Bei einem Wettkampf würde mir sowas nie einfallen! Aber das ist ja ein Brevet.... Wir irren noch eine Weile im Ort herum, bis wir den weiteren Weg finden.

Der Rückweg ist, wie erwartet, nicht einfach und auch hügelig ; irgendwie müssen die über 2000 Höhenmeter ja zusammenkommen. Die Beine werden langsam müde und der Hintern ist die lange Belastung um diese Jahreszeit auch noch nicht gewohnt. Außerdem bläst uns jetzt der Wind ins Gesicht. Die Stimmung bleibt aber gut. Immerhin sind wir um halb sechs, also ca. eine halbe Stunde vor der einkalkulierten Zeit, wieder am Augustiner. Das Colaweizen schmeckt richtig gut; für ein Andechser ist es noch zu früh.....

Mit dem Schnitt von 25,5km/h sind wir sehr zufrieden.

Das war eine absolut klasse Strecke, die Urban und Walter da rausgesucht haben!! Herzlichen Dank an euch beide! Außerdem schulde ich euch noch ein Bier vom letzten Jahr her, ihr wisst warum. Das hatte ich glatt vergessen! Wir aber nachgeholt.....