IBIS ruft - Vogesen-Brevet (400 km)

Autor
Christoph Molz
Datum
02.07.2015

Zum dritten Brevet der ARA Breisgau fahren wir ins Augustiner, zum Frühstücken. Traditionell ist mal wieder Regen angesagt, aber,  ebenfalls traditionell, wird mit jedem Tag in der Vorwoche das Wetter weniger schlecht gemeldet. Jetzt heißt es:  Irgendwann solls vielleicht mal regnen. Wir glauben dem Langzeitwetterbericht nix mehr…Für den Start gibt’s mal wieder eine Neuerung: die Karten werden abgeknipst. Das ist natürlich einfacher als die Aufkleber…BRM400 2015

Wir hatten uns den Vogesenbrevet ausgesucht, wohlwissend, dass der schwieriger war  als der Schwarzwaldbrevet, aber wir hatten dort vor zwei Jahren am Ballon de Servance abgebrochen, nach etlichen Pannen und Regen. Dieses Mal sollte es klappen mit dem Durchkommen, zumal ja PBP auf dem Plan  stand.

So starten wir motiviert mit der zweiten Gruppe. Nach dem Verlust meines Rücklichtes noch in Freiburg sind wir nach dem Aufsammeln natürlich wieder alleine zu zweit.  Die Gruppe, mit der wir losgefahren sind, ist erstmal weg; wir sehen sie noch weiter oben beim Anstieg Richtung Bollschweil . Im Anstieg nach Wittnau überholen wir vereinzelt Randonneure. Oben am Pass treffen wir auf Albrecht, den wir vom letztjährigen Fleche Allemagne her kennen. Kurz hinter Staufen sehen wir in der Ferne noch einmal die größere Gruppe an einer Ampel, die jedoch schnell auf Grün umschlägt: weg sind sie. BRM400 2015Hinter Ebringen sind wir dann zu fünft, und bleiben erstmal zusammen. Ein Mitfahrer outet sich als Mitfahrer unserer Gruppe beim 400er Schwarzwaldbrevet vor 4 Jahren. Ich erinnere mich an seinen Spruch damals in Freudenstadt: „ Ich bin  zu alt für so einen Blödsinn“! Manchmal sind Worte Schall und Rauch . Wir kommen recht gut voran. bis in den Vogesen der erste Pass kommt. Ein letzter Blick ins Rheintal, dann zerstreut sich erwartungsgemäß die Gruppe. Bei der Kontrolle in der Boulangerie Gwinner  sehen wir, dass wir bei den Letzten sind: es ist nicht mehr viel in der Auslage. Der Col d`Amic ist recht steil, aber wir sind ja noch fit, so dass der Anstieg kein großes Problem ist. Jetzt sammeln wir Höhenmeter ohne Ende, aber das geht an die Substanz. Der Ballon de Servance ist das „Highlight“: Meine Muskulatur beschwert sich in den steilen Passagen, und Christina ist zeitweise völlig fertig und muss schieben. Völlig ausgelaugt erreichen wir den Pass. Jetzt geht es erstmal wieder bergab, allerdings wird es langsam dämmrig. Wenigstens war die Abfahrt noch im Abendlicht der Sonne. BRM400 2015Die Strecke hinter Belfort ist wunderschön, kleine Nebenstraßen, einsame Dörfer, eingestreut in die Landschaft, sehr viele kleine Seen (ob die im Sommer wohl eine Schnakenplage haben, wie wir am Rhein?)

Wir fahren in die Nacht. Christina fährt vor. Ich fange an zu sinnieren: vor mir Christina mit der Warnweste, rechts und in der Mitte Fahrstreifen, ansonsten nichts fürs Auge. Aber umso mehr für die anderen Sinne, die jetzt verstärkt aktiv sind:  Der Geruch der Natur, der Gesang von Nachtigallen, der Wind. Dazu: irgendwo rechts das Rauschen eines Baches, der uns seit einiger Zeit begleitet. Immer mal wieder taucht ein Dorf aus dem Dunkeln auf, manchmal mit Straßenlaternen, manchmal ohne. Dann sieht man beleuchtete Fenster, teilweise ein Flackern: da wird Fernsehen geschaut. Was die Menschen in den Häusern alles verpassen!

Wir erreichen Remiremont. Christina ist jetzt ziemlich am Ende, und auch mir geht’s nicht besonders gut. Ich bin in kurzer Hose unterwegs, die Beinlinge hatte ich nicht mitgenommen, weil ich an den Beinen selten friere. Allerdings habe ich die Kälte der Vogesen in der Nacht völlig unterschätzt! Sobald wir anhalten, fange ich an zu frieren, auch durch die zunehmende Erschöpfung. Im Dunkeln leuchtet das Hotelschild der IBIS-Kette auf. Mir ist bekannt, dass man dort auch nachts rein kann. Bei einem Supermarkt halten wir kurz an. Ich friere wieder und  mir ist klar: das wird das Ende des Brevets sein. Ich suche nur noch nach einer Ausrede. Das Thermometer zeigt 8,5 Grad an. Und das auf 400m Höhe! Zum Col de Bonhomme sind es noch ca. 60km und 1000 Höhenmeter, bei einem Zeitlimit von 5 Stunden. Das werden wir in unserem Zustand kaum schaffen. Und wenn doch: Die Abfahrt vom Col auf 1000m Höhe in der Nacht, mit  kurzer Hose! Und ich friere jetzt schon.  Verlockend leuchtet das Schild weiter: kommt rein, hier ist es warm….Nach kurzer Diskussion stehen wir vor der Eingangstür. Es ist niemand da, aber ein Automat im warmen Eingangsbereich signalisiert uns, dass wir rein können. Nach Bezahlung mit Kreditkarte öffnet sich die Türe!! Wohlige Wärme empfängt uns…….
Am nächsten Tag fahren wir einen anderen Weg mit weniger Höhenmeter zurück, da ich noch einen Termin in Freiburg habe. Noch am selben Tag werde ich bei der Suche nach einem Ersatz-400er fündig: im nahen Straßburg! Mit nur 2500 Höhenmetern, nicht in, sondern um die Vogesen! So bleibt eine Rechnung vorläufig offen.