Belchen Satt 2.0

Autor
Tobias Jandt
Datum
27.06.2014

Es ist ist wie bei einer Beta-Phase. Das Produkt ist zwar ausgereifter wie beim Prototypen aber zur Serienreife reicht es noch nicht ganz. Es muß noch getestet werden und das eine oder andere verbessert werden.

Eigentlich sollte man doch bei einem 2. Versuch doch vieles besser machen und das bereits Gelernte in die Tat umsetzen und trotzdem lernt man immer weiter hinzu, so auch beim Belchen Satt am 14.6.2014.

Belchen satt 2014Als Material wurde heuer das Alltagsrad gewählt. Das Specialized Expert Source mit 34/32 Übersetzung und mechanischen Scheibenbremsen sollte für die Prüfung herhalten. Gestartet habe ich das Projekt morgens um 1. Im Gegensatz zum 1. Versuch wurde eine wärmere Jahreszeit und der Start in der Nacht gewählt. Diesmal wollte ich doch viele Berge bei Tageslicht anschauen und sehen ob ich mich noch an die Strecke erinnern kann. Nun denn die Lust auf Berge hielt sich in Grenzen, da ich doch genau wusste, was doch an Aufgabe vor mir lag. Aus der Erfahrung heraus habe ich doch die rund 2km Umweg in Kauf genommen, um nicht die erste Rampe mit ca. 20% Steigung mitzunehmen.

Am deutschen Belchen war ich doch eine Viertelstunde zu früh, die Sonne war gerade in Begriff aufzugehen. Auf der Abfahrt ein kleiner Schrecken, morgens um halb 5 macht sich ein junges Paar mit Kinderwagen auf den Weg zum Gipfel absolut unbeleuchtet nicht mal Reflektoren. Vlt. hat das junge Pärchen sich genauso erschrocken wie ich.

Belchen satt 2014Der Weissenstein hat sich in seiner vollen Pracht gezeigt. Schweizer Ingeniuerskunst, na ja mit Kunst das nicht viel zu tun - konstant steil und konstant gerade, wenn man Glück hatte kam dan mal eine Serpentine. Auf der Abfahrt hoffte ich darauf, dass sich die Scheibenbremsen bezahlt machten, aber irgendwie wollte das Gefährt nicht zum Stehen kommen. Heißgelaufen? Beläge runter? ich hielt in einer Serpentine an und tauschte die komplette Bremse von vorne nach hinten, das hielt dann genau bis zur nächsten Serpentine. Im Kopf dachte ich mir schon einen Notfallplan aus. In Grenchen habe ich nach einen Radhändler Auschau gehalten. Belchen satt 2014Es war 14:45Uhr der Zweiradmechaniker sah sich nicht Imstande mir innerhalb seiner Öffnungszeiten bis 16Uhr zu helfen. Die Schweizer sind wirklich ein gemütliches Volk. Immerhin hat er mich zu seinem Kollegen am Südbahnhof geschickt. Dieser Zweiradmechaniker erwies sich als geschickter und stellte mal die Bremsen vernünftig ein. 5000Hm und wieder runter sind wohl ein bischen viel für die Bremsen. Er meinte ich solle nach dem Chasseral die Bremsen wieder nachstellen. Es ist einfach zuviel Belastung meinte er. Auf diese Weise konnte ich doch gute Werbung für den Randonneurssport machen.

Belchen satt 2014Der Chasseral: letztes Mal habe ich mich noch auf ihn gefreut, aber diesmal war es anders. 23km bergauf, bis man zum richtigen Anstieg kommt. Und dann auch noch Seiten / Gegenwind. Auf dem Gipfel hat es mich fast weggeweht.

Auf zum nächsten Highlight. La Goule. Ich könnte mir gut vorstellen, daß der gleiche Architekt seine Finger im Spiel gehabt hat wie der am Weissenstein. Er musste was gutmachen, deswegen hat er ein paar mehr Serpentinen eingebaut.

In der Nacht habe ich mir ein stilles Plätzchen zum Schlafen gesucht. Die Luft war einfach raus. Hinter einem Bauschutt Container schlief ich dann. Diesmal mit Rettungsdecke, mal schauen wie gut das klappt. In Glainans hab ich mich nochmal schlafen gelegt. Mir war mittlerweile auch das Zeitlimit egal. Ich hatte bis Lure mehr als 6h Rückstand im vergleich zum Vorjahr. Belchen satt 2014Auf in das dritte Kapitel. Die Vogesen warteten darauf erobert zu werden. Bei einem Bäcker hab ich mir einmal "Paris-Brest" gegönnt. Ähnlich wie ein Windbeutel nur mit einer Kaffee-Nuss Füllung. Der hat irgendwie Wunder gewirkt. Der Lebensmut war wieder da. Am Col de Servance haben mich zwei Radler überholt. Aber das Tempo war dann genau richtig für mich und endlich jemand, der den Gegenwind beiseite schob. Vor lauter Übermut habe ich die Abzweigung verpasst. Was solls, sind es dann halt 100Hm mehr. Da ich die Strecke bereits kannte, wußte ich, daß wenn wieder die Hauptstraße kommt man gerade den halben Pass geschafft hat. Die Abfahrt war eine ziemlich holprige Angelegenheit. Wenn dann Belchen Satt 3.0 kommt muss wieder am Komfort gearbeitet werden. Der Sattel hat dafür gesorgt, dass mir nach nichtmal 100km der Hintern wehtat. Und der Alurahmen liegt sowas von Bretthart auf der Straße, da fehlen mir die Worte.

Belchen satt 2014Am Ballon de Alsace hatte ich keinen Tiefpunkt wie beim letzten Mal. Kein Regen, keine Dunkelheit, keine 2 Stelligen Prozentwerte angenehm zum fahren. Was man von Hauptgang dem Grand Ballon nicht behaupten konnte. Ein zähes Stück dieser Grand Ballon, aber wenn ich bis hierher gekommen war, was sollte mich da noch umhauen. Petit Ballon und dann noch den Col du Firstplan, Fies war dann nur noch dieser hässliche Gegenanstieg. Eigentlich ist doch alles vorbei, die gewünschten Fotos sind im Kasten. Eine richtige Erlösung ist dann der Blick aus dem Wald Richtung Osten auf den Schwarzwald. Es wird plötzlich hell, Weinberge, Abendsonne, was will man mehr. Rückenwind wäre eine feine Sache, aber das Leben ist kein Wunschkonzert.

Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass ich mit dem Zeitlimit keine Sorgen mehr machen muss.

Und plötzlich ist alles vorbei. Belchen Satt 2.0 ist Geschichte, bin gespannt, wann dann sich die Gelegenheit für die nächste Auflage ergibt.

Belchen satt 2014Die Übersetzung von 34/32 erwies sich als Optimal. Mechanische Scheibenbremsen muss man immer wieder nachstellen. Mit dem Wetter hatte ich viel Glück gehabt. Eine Woche vorher beim Jurabrvet waren es 10 Grad mehr keine Sonnencreme und kein Sonnenbrand. Diesmal mit Sonnencreme und Sonnenbrand. Über die Versorgung mit Wasser braucht man sich keine Sorgen machen, wahrscheinlich müsste ich die Runde noch 5 Mal drehen, bis ich jede Gelegenheit von Gratiswasser genutzt habe.

An dieser Stelle ein Dankeschön an Velo Süd in Grenchen, wenn die nicht wären, hätte ich die Runde aus technischer Sicht beendet. An dieser Stelle auch ein Gruß an die schweizer Architekten.