Belchen satt

Autor
Tobias Jandt
Datum
24.09.2013

Nach dem Hansebrevet in Berlin stellte sich mir die Frage, ob 2 Wochen zur Erholung reichen, um All you can Eat Belchen zu fahren?

Also Appetit auf Berge hatte ich genug. Als Startzeit wählte ich den Freitag Abend, denn ich wollte den Chasseral im Hellen sehen.

Vielleicht war es auch gut so, die meisten Berge im Dunkeln zu fahren. So viele Hügel aneinandergereiht, da bekommt man schon eine Krise.Belchen satt

Gerne erzähle ich von dem Pakt, den ich mit mir selber gschlossen habe. Jede Straße, die für den Verkehr freigegeben ist, fahre ich mit dem Fahrrad hoch, ohne zu schieben. Wenn ich dann doch schieben sollte, dann werfe ich das Rad in den Graben und wohl dem, der hinter mir fährt. Sollte ich das nochmal überdenken? Die nächsten Tage werden es zeigen, ob 34/29 reichen.

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Irgendwie habe ich das gar nicht so realisiert, aber nach 140km standen schon 4000Hm auf dem Tacho. Da kann man schon so langsam an das Rückwärts zählen denken.

Der Gipfel des Chasseral war leider im Nebel verhüllt. Dennoch war die Sicht bis auf 1400m gigantisch. Auf die Schweizer Seen und die dahinter liegenden Alpen.

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Die Sonne schien auf die schneebedeckten Gipfel - einfach herrlich. Hierhin würde ich gerne nochmal kommen, ob das dann aus eigener Muskelkraft wird, überlege ich mir dann noch. Mit der Musik von Carmina Burana, war es doch ein sehr erhabenes Gefühl das Dach der Tour erreicht zu haben. Ab jetzt geht es im Groben und Ganzen ja nur noch Bergab. Irgendwie muss man sich das Menu doch Schoen reden.

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Kurz nach Saint-Imier zeigte mein Navi nichts mehr an. Durch Löschen der aktuellen Aufzeichnung konnte ich das Ding reanimieren. Zum Glück, denn ich hatte kein Roadbook für den Notfall dabei. Kurz vor der Doubs Schlucht, dann der nächste Schrecken. Beim einem Stop am Supermarkt merkte ich wie sehr doch der Hinterreifen runter war. Man konnte am Gummi schon die Struktur des Gewebes sehen. Naja, sollte ich einen Platten bekommen, tausche ich den vorderen mit den hinteren Mantel. Das Rad fährt ja noch - also weiter gehts. Wer hat sich nur die Straße runter nach La Goule ausgedacht? Und vor allem wieder hoch? Optisch war es ein Leckerbissen.

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Der Pakt hat mich hoch gebracht. Eine Gruppe französischer Wanderer dienten der Ermunterung. Meine Hupe am Rad hat auch zur Belustigung beigetragen. Das war ein guter Motivationsschub.

10km vor Lure dann ein richtiger Platzregen. Was soll ich machen, wollte ich doch vor 19Uhr in Lure sein, denn dann schließt der Supermarkt? Nach der Stärkung ging es im Regen allmählich in die Vogesen. Am Fuße des Ballon de Alsace habe ich mich irgendwie vor einem Garagentor auf einem 40cm breiten Stück Land im Trockenen aufgehalten, denn im Regen wollte ich nicht unbedingt den Pass runterfahren. Die Arme und Hände taten doch schon vom vielen Bremsen weh. Die Regenjacke musste als Decke herhalten. Zusammengekauert habe ich dort geschlafen und gefroren, fast drei Stunden lang. Für mich war in diesem Moment eine Grenze überschritten.

Brevetfahren ist für mich ein kontrolliertes Abenteuer. Man lässt sich auf etwas Ungewisses ein. Das nächste Mal, wenn ich 2 Nächte durchfahre, muss unbedingt eine Rettungsdecke mit. Beim Hansebrevet ging das noch gut, da die Temperaturen erträglich waren. Aber in diesem Moment ging die Kontrolle verloren. Trotz der fast 3h Schlaf war es dann am Col du Page nochmal notwendig ein Powernap einzulegen.

Richtig Glück hatte ich dann noch, als noch ein Bäcker am Sonntag Morgen offen hatte. Ein halber Liter Milch, 1 Süßes Stückchen im nett eingerichteten Nebenzimmer waren für den Hauptgang des All you Can Eat Menus richtig dienlich für die Motivation.

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Jetzt sollte der Hauptgang folgen - Der Grand Ballon. Mit viel Geduld wurde auch dieser gemeistert. Der Nebel hat nicht zum Verweilen eingeladen. Also ich muss schon sagen, jetzt bin ich satt ich will kein Nachschub mehr. Aber wie das so ist. Ein kleines Desert geht immer. Den Kuchen mit der Spitze voraus essen, dann passt auch der noch rein. Also schön schonend den Petit Ballon hoch. Und wie niedlich er doch war. Gleichmäßig, nicht zu steil. Herrlich so ein Desert. Ein schöner Abschluß.

Dann hat tatsächlich noch ein Radler die Unverschämtheit besessen und überholte mich. Ich deutete auf das Rahmenschild und erklärte ihm , dass noch ein Berg käme und es dann geschafft sei. Schließlich konnte er nicht mein Hinterrad halten. Es ist schon unglaublich, zu was der Mensch noch in der Lage ist, wenn er mehr als 500km und 12000Hm in den Beinen hat. Am Gipfel des Col du Firstplan habe ich dann den ersten Energydrink zu mir genommen. In einem schönem Weindorf nutzte ich die Gelegenheit, um nochmal einer meiner Trinkfalschen mit Wasser aufzufüllen. Schließlich waren noch eine meiner 20 mitgenommen Tüten Maltodextrin übrig. Ich probierte das Wasser, befand es für gut und füllte die Flasche, aber ich werde beim Fahren das Gefühl nicht los, dass das Wasser irgendwie nach Goldfisch schmeckt. Nicht das ich wüsste wie Goldfische schmecken, aber so würde ich mir das vorstellen. Nun denn, im Laufe der vergangen 2 Tage, des viel Erlebten und Gesehenen, der vielen Anstiege und Abfahrten, entwickelt man doch eine Art Ignore Liste.

Letzendlich macht sich eine Zufriedenheit breit. Wieder ist eine Grenze überschritten, eine neue Fähigkeit erworben und eine neue Spielart ausprobiert.

​Belchen sattAls Fazit ist festzuhalten, dass man mit Geduld auch so eine Mamutaufgabe meistern kann. Mit geringer Intensität die Berge hochfahren bringt einen sehr weit. Nächstes Mal würde ich dann doch lieber mein Stadtrad mit Scheibenbremsen nehmen. Es bremst sich einfacher mit den Scheibenbremsen. Die Rettungsdecke darf auch nicht fehlen. Ansonsten hat sich das Material erstaunlich gut geschlagen. Danke an dieser Stelle für das Organisieren und Zusammenstellen der Strecke.

616,76km 12495Hm Nettofahrzeit 33:43h Bruttozeit 44:58h

2,2kg Maltodextrin

4 Landjäger

685g Schokolierte Nüsse

4 Croissant

1 Süßes Stückchen

450g Joghurt

1l Kakao

0,5l Cola

0,66l Energydrink

0,5l Milch

1 Medium Menu beim McDonalds in Lure

Kosten 7,60 Ch Franken und 13 Euro

 

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