Back to the roots - Bericht vom Bölchen-Brevet

Autor
Philip Hinüber
Datum
16.05.2016

Nach den Aufs und Abs meiner jüngsten Brevetvergangenheit war der Plan, einfach mal wieder einen normalen 300er zu fahren.

Kurzfristig wurde aus dem härteren Bölchenbrevet 2 aufgrund von Streckensperrungen noch der etwas flüssiger zu befahrene Bölchenbrevet 1, worüber ich nicht unglücklich war.

Diesmal also alles in Ruhe vorbereitet und überpünktlich morgens im Augustiner erschienen, um entspannt ein Frühstück einzunehmen. So kam es, dass ich nach dem Essen und Begrüssung von alten Bekannten immer noch mehr als genug Zeit hatte, die letzten Vorbereitungen am Rad zu treffen und mich abfahrtbereit zu machen. Es folgte die wie immer herzliche Streckeneinweisung von Walter und Urban. Letzterer schloss dann mit den Worten: „ So, dann kann es jetzt losgehen“. Ich begab mich sogleich zu meinem Rad und rollte wie empfohlen los. Merkwürdig: Vor mir befand sich niemand, und ich rollte alleine entspannt durch die Wiehre. Das war mir noch nie passiert, ich führte das Brevet an! Ein lustiges Gefühl, da ich mir sicher war, dass dieser Zustand nur sehr kurz anhalten würde und ich dies auch so schnell nicht mehr erleben würde. Als in Merzhausen hinter Freiburg immer noch niemand in Sicht war, wurde ich stutzig und befürchtete schon, dass ich vielleicht eine erneute Streckenänderung nicht mitbekommen haben könnte oder das Peloton vielleicht durch eine Polizeirazzia oder ähnliches an der Weiterfahrt gehindert würde. BRM300 2016Dann aber näherten sich Stutz und Matthias von hinten, mit denen es nach Bollschweil weiter ging. Nun tauchten die üblichen Verdächtigen auch auf, und in einer Grossgruppe von ca. 10 Randonneuren ging es ins Münstertal und zum ersten Anstieg Münsterhalden.

Von nun an wurde das Feld bunt durcheinandergewirbelt, Fahrer schlossen auf, anderen fielen ab und ich kurbelte mein Tempo hoch zum Pass.

Dort oben kam nun Walter nach einer kurzen Rast dazu, und gemeinsam ging es zur Abfahrt durchs kleine Wiesental. Auch hier erfolgte ein reges Durchmischen der Gruppen, lauter Kleingruppen schlossen sich zusammen und einzelne setzten sich ab/fielen zurück. Dabei war nun auch der andere Teil der Rennleitung, Urban. Zum Teil fuhren wir nun mit einer Gruppe von beinahe 20 Fahren, die sich am nächsten steilen Anstieg aber auch schon wieder auflöste.

Mit 2 Schweizern fuhr ich nun nach Bad Säckingen ein und legte hier eine längere Essenspause ein, was meine Solofahrt zum Berghaus Oberbölchen bedeutete. Zwar waren es nicht viele Kilometer vom Rhein auf den Berg, jedoch machte ich später noch eine 2. Rast auf einer Bank mit einer erneuten ausreichenden Nahrungsmittelzufuhr, welche ich nicht bereute. In Eptingen ging es dann rechts steil hinauf auf besagten Berg, wo ich Matthias das erste Mal nach Bedoin im März wieder traf.

Oben angekommen gab es eine wunderbare Pause mit Aussenbewirtung, die ich noch nie wahrnehmen konnte, da das Wetter sonst immer zu schlecht hierfür war.

Neben mir nahm ich Erwin war, den ich seit mehreren Jahren schon nicht mehr bei den Brevets getroffen hatte, entsprechend herzlich war unser Wiedersehen.

Mit Matthias, Markus und Ralf nahm ich dann das Mittagsmahl bei herrlichstem Wetter und Aussicht ein.

Zusammen in der 4er-Gruppe ging es wieder los. Diese Gruppe harmonierte nun wunderbar und sollte auch bis Delemont halten.

Ungefähr am Röstigraben setzte dann der Regen ein und ersetzte damit das Sommerwetter, das bis dahin geherrscht hatte und mich sogar veranlasst hatte, mich mit Sonnenschutzmittel einzucremen.

Mit einem Fluch nahm ich die ersten Tropfen war und wir machten Halt, um schon mal leichte Regensachen anzuziehen. Noch war es völlig offen, wie viel Wasser vom Himmel kommen sollte. Im Nachhinein kann man sagen: Sehr viel. Das merkte man schon nach wenigen weiteren Kilometern, so dass wir uns erneut unterstellten in einem kleinen Waldstück, um nun alles an Regensachen aufzutragen, was ging.

Wieder auf die Räder, in die Pedale und dann: Ratsch, Kette gerissen. Strömender Regen im Schweizer Jura im Wald, nachlassende Temperaturen, die Moral sinkend: ein schlechter Zeitpunkt und nach meinen Speichenbrüchen beim Mont Ventoux-Brevet wenige Wochen zuvor nun wieder ein herber Dämpfer.

Netterweise machten Markus und Matthias sofort kehrt und wir verkrochen uns wieder unter den Bäumen. Unter Markus fachkundiger Anleitung und Matthias Materialeinsatz und wertvoller Tipps konnte die Kette wieder geflickt werden. 1000 Dank Euch beiden noch mal an dieser Stelle, eventuell würde ich ohne Euch nun immer noch unter den Bäumen sitzen und an der Kette werkeln.

Nun ging es im strömenden Regen zur nächsten Kontrolle und weiter nach Delemont. Es war nun klar, dass sich das Wetter nicht mehr bessern würde und ich sorgte mich, ob ich genug warme Kleidung mitgenommen hatte. Es sollte reichen, und was nun folgte, hatte ich länger vermisst: Ich kam wieder in den Flow, preschte die Anhöhe hinter Delemont hinauf, genoss den Regen und fuhr gut gelaunt durch die Fluten. Ich vergass das Essen und Trinken nicht, nun aber fast nur noch auf dem Rad. Ich lachte dem Regen ins Gesicht, genoss, wie die Massen auf mich niederprasselten und war schon wieder auf der Höhe von Basel angelangt. Nun gab es kein Halten mehr für mich, ich jagte durch die französischen Dörfer, motiviert und beflügelt von einem euphorischen Franzosen, der im Regen aus seinem Vorgarten herausgelaufen kam und mich beklatsche mit „Allez Allez“ Anfeuerungsrufen.

Ich nahm Kurs auf Fessenheim und überholte noch eine 5köpfige Gruppe vor mir.

In Bremgarten erfolgte der letzte Stempel, bevor ich wieder im Augustiner eintraf und glücklich und zufrieden war.


Vielen Dank an Matthias und Markus sowie Walter und Urban